Die Vögel zwitscherten einst in einem großen, schönen Wald. Dort sandte die Sonne ihre wohltuendsten Strahlen herab. Der Duft, der von dem üppigen Rapsfeld herüber wehte, war sommerlich und süß. Die Äste der Bäume waren mit einem samtweichen Grün bekleidet, das von Blumen wimmelte, die vom Regen gewaschen in den allerschönsten Farben im Sonnenlichte glänzten. Jeder Zweig war wie eine blühende Wiese. Auf vielen dieser Zweige saßen die Vögel von allen Enden der Welt. Sie hatten sich hier versammelt, weil sie glaubten, sie könnten an diesem schönen Orte ihre Meinung kundtun und hofften darauf, dass sie ein Gehör fänden. Und so flöteten und piepsten und zwitscherten und sangen die Vögel fröhlich vor sich hin.
Eines Tages, als die Sonne wieder heiß auf die Wipfel der Bäume hinab brannte und die saftigen Blätter tüchtig durchwärmte, vernahm man im Walde ein großes Wirrwarr von bunten Klängen und Gezwitscher. Der Abendhimmel erstrahlte wie Gold und die Vögel sangen so voll guter Laune und Heiterkeit, dass ihr Gesang durch alle Bäume des Waldes schallte. Die Vögel sangen voller Inbrunst ihr Lied, der eine übertönte den anderen und der andere versuchte den einen mit seinem Gesang zum Zuhören zu bewegen. Und wenn einmal einer zu lange aus der Reihe pfiff, setzten sich alle anderen Vögel des Waldes heimlich über ihn und entledigten sich in einem Sturm der Entrüstung.
Unter den Vögeln waren auch viele Neuankömmlinge, die sich mutig zu den alteingesessenen Vögeln setzten, weil die am lautesten sangen. Es kam auch ein kleiner Spatz dahergeflogen, der ganz erschöpft von der Reise sich etwas abseits auf den untersten Ast einer alten Eiche setzte und mit offenem Schnabel das Orchester des Waldes bestaunte. Etwas oberhalb, aber gerade gegenüber dem kleinen Spatzen, saß die Eule mit ihrer Familie. Die Eulen hatten scharfe Ohren, sie hörten jeden Ton. Und sie rollten jedes Mal mit ihren großen Augen, wenn ein Vogel aus der Nachbarschaft wieder etwas zum Besten gegeben hatte.
An diesem Tage war es so heiß, dass die Eulenmutter ihren Jungen mit ihren Flügeln die Luft zu fächeln musste. Und so wunderte sich die Eulenmutter auch nicht, als sie die aufsteigenden dunklen Wolken über dem Abendhimmel sah, die sich ganz schwer, den Bergen gleich, höher und immer höher erhoben. Von allen Seiten kamen nun die schwarzblauen Wolken und senkten sich gegen den Wald hinab. Plötzlich war eine fürchterliche Stille im Walde. Jedes Vöglein schwieg, jedes Lüftchen hatte sich gelegt. Da blitzte es mit einem Male auf, als breche die Sonne hervor. Unter einem rollenden Krachen versank wieder alles im Dunkel. Dann stürzte das Wasser unter tosenden Fanfaren in Strömen den Himmel hinab und es wurde wie Nacht.
Als die Blätter des Waldes vom ersten Sonnenstrahl wieder glänzten, begannen die Vögel wieder fröhlich und sorglos zu pfeifen, zu flöten, zu zwitschern und zu singen. Und alles schien so zu sein wie immer. Jeder der Vögel pfiff sein Lied, hörte hier und da bei den anderen Vögeln zu und ließ sich von nichts und wieder nichts aus der Ruhe bringen. Aber die Vögel hatten nicht bemerkt, dass der Fuchs während des Gewitters in den Wald gekommen war. Und als alle Vögel wieder so vor sich hin zwitscherten, konnte der Fuchs unbemerkt auf leisen Sohlen zu der alten Eiche schleichen, wo der kleine Spatz immer noch ganz müde von der langen Reise auf dem untersten der Äste saß. Einzig die Eulenmutter und der Eichelheer hatten den Fuchs bemerkt, als er, kurz bevor er die alte Eiche erreicht hatte, auf einen herumliegenden morschen Ast getreten war. Und der Eichelheer warnte den Spatz und die anderen Vögel so laut er nur konnte. Er flatterte mit den Flügeln und schrie aus Leibeskräften. Aber die anderen Vögel hörten ihn nicht, weil alle nur für sich und vor sich hin flöteten. Da fraß der Fuchs den kleinen Spatz mit Haut und Federn auf und ging zufrieden seines Weges.
Und die Moral von der Geschichte? Der einzelne Tweet interessiert nicht. Der Wald klingt noch genauso, man hört gar nicht, wenn der Fuchs kommt.
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