An einem warmen Sommermorgen des Jahres 1664, nachmittags um vier Uhr, rannte ein junger Mann am Gresham College in London durch das Eingangstor und geradezu in einen Karren mit allerhand Messgeräten hinein, der von zwei Gelehrten gezogen wurde, so dass alles, was darin gelegen war, hinausgeschleudert wurde. Das laute Geschrei und Gezeter, das die Gelehrten erhoben, hielt den jungen Mann nicht davon ab sein Bestreben auf seinem Wege fortzuführen, nein, es beflügelte sogar noch mehr seine Schritte und so sprang er in großen Sätzen die Stufen empor bis er vor dem großen Saale angekommen war, die der hiesige Kurator für seine Experimente nutzte. Er ergriff den großen bronzenen Türklopfer und schlug mehrmals dagegen, dass die Luft mit dumpfem Klange zu beben begann. Nach kurzer Zeit vernahm man gleichmäßige Schritte hinter jener Türe, die sodann langsam und mit einigem recht hohen Geknarze geöffnet wurde. Der Kurator höchst persönlich, ein Mann mit spitzer Nase und dunklen Augen, stand in einem weißgrauen Überrock vor dem Kerl und sprach: „Der junge Herr ist wohl nicht recht bei Troste. Was poltert er hier so vor die Türe?“. Der junge Kerl, dessen Worte sich nun zu überschlagen begannen, stotterte einige undeutliche Kehlkopflaute und erst als er endlich verschnaufen konnte, gewann er mehr und mehr an Luft und rief: „Die Dose und der Draht, Kurator Hooke, es ist genauso wie sie es prophezeit haben. Es funktioniert! Es funktioniert!“
Der Kurator, der durch die großen Fenster im Saale gesehen hatte, dass der junge Kerl, der einer seiner Studenten war, im Hofe vor den Karren gerannt war und so für allerhand Aufsehen und Ärger gesorgt hatte, nahm ihn rasch bei der Hand und zog ihn in den großen Saal hinein, in dem viele der sonderbaren Gerätschaften und Werkzeuge standen. „Verstecke er sich irgendwo, bevor er noch mehr an Schaden anrichtet. Sie werden gleich hier sein.“ Und es verging kaum eine Minute, da klopfte es erneut an der großen Türe. Der Kurator blickte sich zunächst im leeren Raume um und öffnete dann ganz langsam die schwere Eingangstüre zu seinem Laboratorium. Dort standen der Archivarius und der Registrator des Colleges und beide waren außer sich vor Wut: „Werter Herr Kurator Hooke, ist hier ein junger Kerl hineingekommen mit blauem Überrock und grauer Mütze? Er hat uns im Hof über den Haufen gerannt und einigen Geräten erheblichen Schaden gebracht.“ „Nicht, dass ich wüsste, meine Herren, aber Sie können sich gerne umsehen,“ entgegnete der Kurator, in der Hoffnung, dass sein Wort einiges Gewicht hatte. „Lieber Herr Kurator Hooke, das wird nicht nötig sein“, antwortete da der Archivarius, „wir bringen ja nur die Experimente durcheinander. Bei dieser Gelegenheit, wie steht es denn um die Aufzeichnungen und Beobachtungen, geht es voran?“ Und Kurator Hooke seufzte aus der tiefsten Brust und sagte: „Alle meine guten Lehren, alle meine Ermahnungen sind fruchtlos, wenn die erhofften Mittel von der Royal Society nicht bewilligt werden. Ich warte jede Minute auf eine Entscheidung.“ Mit den besten Wünschen und Empfehlungen zogen die beiden von dannen und der Kurator musste sich mit Mühe fassen und sprach: „Die Luft ist rein. Im Gegensatz zu Deinem Gewissen, William!“ Als der Kurator das gesagt hatte, öffnete sich die Türe eines der Wandschränke vor ihm und William ging auf allen Vieren hinaus und sprach: „Haben Sie vielen Dank, mein Herr. Die leere Kasse ihres Laboratoriums wird es mir danken. Nach dieser Erfindung wird die Royal Society nicht umhinkommen, Euch weiter wohlwollend finanziell zur Seite zu stehen, hab ich recht?“ Der stechende Blick aus seinen funkelnden Augen, brachte den Kurator in einige Gedanken und er sprach: „Ihr könnt dem Herrgott danken, dass ihr recht habt.“ In diesem Moment schlug plötzlich der Wind eines der Fenster auf, setzte sich in den weiten Überrock des Kurators und trieb die Schöße so auseinander, dass sie wie ein paar große Flügel in den Lüften flatterten. „Wir müssen es schriftlich dokumentieren! Erzählt mir nur, wie habt ihr es angestellt?“ fragte der Kurator, als er das Fenster wieder fest verriegelte. Und als der Student wieder in dieselbe Hast und Unruhe verfallen wollte und sich seine Worte erneut zu überschlagen begannen, hielt sich der Kurator mit seinen Händen die Ohren zu, dass der junge Kerl wie von selbst verstummte und den Kurator voller Entsetzen anstarrte. „Falls wir es so vortragen werden, werden Sie uns kein Gehör schenken und es nur für recht dummes, ordinäres Zeug halten. Zeige er mir nur, wie er das Experiment aufgebaut hat.“
Die beiden gingen also zum Ufer der Themse hinunter, wo der junge William dem Kurator mit einer gewissen Bestimmtheit von den herrlichen Aussichten berichtete, die sich ihnen fortan eröffnen würden. Mit einem schlauen Lächeln zeigte er dem Kurator nun die beiden Dosen, die auf je einer Seite ein kleines Loch besaßen und mit einem sehr langen Draht aus Kupfer miteinander verbunden waren. Auf der anderen Seite fehlten den Dosen die Deckel. „Ich habe mithilfe dieses Drahtes den Schall über eine Entfernung von einer viertel Meile in einem Augenblick übertragen, jedenfalls sehr viel schneller, als dies durch die Luft möglich ist. Den Draht habe ich dabei über mehrere Ecken gespannt. Seht nur, dort an dem Baum, neben der Mauer und auch dort an dem kleinen Strauche am Ufer.“ William nahm nun eines der Dosen und ging in Richtung des Flusses hinab. Als er am rauschenden Wasser angekommen war, hielt er mit einer Hand die Dose in die Luft und winkte dem Kurator Hooke mit der anderen. Der Kurator, der den jungen Kerl nur noch als kleinen Punkte am Flussufer sah, nahm sodann die andere Dose in beide Hände und hielt sein Ohr daran. „Spreche ich mit dem Herren Kurator Robert Hooke?“ Und der Kurator, dem das nun gar nicht einmal so wunderbar und unglaublich vorkam wie von William erhofft, antwortete schallend in seine Dose: „Ja. Das tun Sie, mein Herr. Und jetzt kommen Sie gefälligst wieder hier hin. Wir müssen das Experiment sofort dokumentieren.“
Auf dem Weg zurück ins College ging beiden ein namenloses Gefühl mit glühenden Farben durch den Kopf. Kurator Hooke nahm in seinem Laboratorium einige scharf zugespitzte Federn zur Hand, nahm etwas von seiner schwärzesten Tinte und ein Pergament von besonderer Weiße und Glätte und begann sodann zu schreiben. Mit jedem Worte, das nun auf dem Pergamente stand, wuchs sein Mut und mit ihm seine Hoffnung, alle Botschaften der Menschen an entfernte Orte tragen zu können.
Wissenswertes: Wer war Robert Hooke? Robert Hooke – Wikipedia
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